Altern und Supern – Eanos in pink

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HahNullMuehr
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Altern und Supern – Eanos in pink

Beitrag von HahNullMuehr » Samstag 4. Mai 2013, 21:52

Moin zusammen,

heute war ein Tag, der zum Basteln auf der Terrasse einlud.

Vorab: Wer jemals versucht hat, mit Pastellkreiden ein Bild zu malen, weiß, wieviel Abrieb und Gekrümel dabei anfällt. Anstatt das Pulver (das im Grunde aus reinem Pigment besteht) in die Tonne zu kippen oder vom Papier in den Raum zu blasen (BLOSS NICHT!), kann man es auch zur späteren Verwendung in eine Büchse schütten. Ich hatte mich neulich an einem Pastellbild von einem Waggon-Rad versucht, entsprechend fiel ein Gemisch von rostbraun, grau und schwarz an. Genau richtig für die heutige Übung.
Objekt der Einstaubung ist ein Eanos der SBB, werkseitig grell pink eingefärbt, mit „bahneigener Abdeckplane“. Entgegen der Darstellung auf der Märklin-Homepage ist meine Plane aber eher straight, also ohne diese dramatischen Einbuchtungen. So sieht das Modell aus, das ich auf irgendeiner Börse erwarb:
AusDerPackung.jpg
Blitzsauber, auch innen, bis in die letzte Ecke.
Original_oben.jpg
An Material halten wir bereit:
  • Staubfarbe in Rosttönen
    ein paar Stücke Furnierholz in diversen Farbtönen
    eine Rolle Elastik-Beilaufgarn in schwarz
    etwas Alleskleber
    ein Fixativ-Spray
Als Werkzeuge brauchen wir nur
  • einen oder zwei einfache Haarpinsel
    Stahllineal und Cutter (für das Furnier)
    eine Schere für das Garn
    einen sehr feinen Bohrer für die Löcher in der Plane
    eine Pinzette (spitz, gekröpft)
Material.jpg
Die genau auf Breite geschnittenen Furnier-Reste kleben wir mit etwas Alleskleber als Waggonboden ein. Die verschiedenen Farben machen dabei den Eindruck, als ob hier und da schon mal etwas ausgebessert worden ist. Sodann wird der Innenraum gründlich mit Staubfarbe behandelt.
Planken_Plane.jpg
Um die Plane vorbildgerecht verzurren zu können, müssen noch einige winzige Löcher gebohrt werden, durch die dann unser Faden läuft. Tunlichst setzt man die Löcher natürlich an die „Zipfel“.
Eine Idee kam mir erst, als alles fast fertig war: Wenn man die Punkte, die durchbohrt werden, vorher mit einem winzigen Tupfer Silber- oder Goldfarbe anmalt, hat man metallisch wirkende „Ösen“.
Aber zuerst den Dreck: der Waggon liegt mit der zu bearbeitenden Seite oben (Ich benutze ein Stück weiches Leder als Unterlage, das schont die Oberflächen und verhindert recht wirksam, dass Kleinteile, die beim demontieren auf den Tisch fallen, davonspringen oder überhaupt wegrollen.)
Achsen und Kupplungen werden entfernt, damit sie nicht verkleistert werden.
Ein Tropfen Öl auf die Drehgestell-Zapfen schadet auch nicht.
Mit dem Pinsel wird nun eine Ladung von dem Pigment auf dem Waggon verrieben, insbesondere in den Ecken und Fugen. Drehgestelle nicht vergessen. Dann wird überschüssiges Pulver LEICHT abgeklopft (zurück in die Büchse!) und der Wagen auf der bearbeiteten Seite mit einem Fixativ-Spray überhaucht. Bevor das Spray trocknet nochmal schnell den Pinsel mit Staub nehmen und über den Drehgestellen leicht abklopfen. Dadurch entsteht eine schöne Lage „Flugrost“, die in dem frischen Fixativ kleben bleibt.
Drehgestell.jpg
Das Fixativ trocknet recht schnell, die Prozedur kann bald mit der Rückseite und den Stirnwänden wiederholt werden.
(Das Bild vom Waggon ohne Plane im verdreckten Zustand ist leider beim Übertragen abgeschmiert, schade. Also weiter im Text.)
Auch die Plane wurde wie oben beschrieben behandelt und fixiert. Jetzt kommt die Geduldsprobe.
Von dem Beilaufgarn wird reichlich viel abgespult und durch die Ösen gefädelt. Da es sich um einen umflochtenen Gummifaden handelt, ist es sehr hilfreich, das Ende mit etwas Alleskleber zu festigen, so dass es sich nicht aufdröselt. Ist der Faden im ordentlichen Zickzack eingefädelt, wird das Ende mit einem dicken Knoten (Innenseite, bitte) gesichert.
Zurrgurte_1.jpg
Von der Spule noch reichlich Garn nachfüttern, wir wollen ja noch den Waggon in die Schlaufen bekommen.
Irgendwann haben wir das Chassis unter der Plane und nun können wir mit Hilfe der spitzen Pinzette die Gurte zurren, dabei darauf achten, dass der Faden immer sauber anliegt, sich nicht im Drehgestell verheddert oder in der Kupplung verhakt.
Zurrgurte_2.jpg
Schließlich haben wir den Faden, beginnend am Knoten, schön stramm unter dem Wagenboden durchgezurrt. Das geplante Ende des Fadens (noch immer nicht von der Rolle abgeschnitten) festhalten, die letzten beiden Schlingen nochmal unter dem Wagen hervorziehen, und mit dem so gewonnenen Spiel gelingt es, eine kleine Schlaufe zu knoten.
Zurrgurte_3.jpg
JETZT abschneiden und das „geliehene“ Stück Faden wieder aufwickeln. Die beiden gerade hervorgezogenen Schlingen wieder an Ort und Stelle bringen und die Schlaufe am Kranhaken einhängen. Fertig.
Es sollte sich ein halbwegs regelmäßiges Muster in der Verzurrung ergeben.
Zurrgurte_a.jpg
Anmerkungen:
Sofern NICHT geplant ist, den Eanos irgendwann ohne Plane laufen zu lassen, kann man natürlich die Verzurrung mit kurzen Fadenstücken darstellen, die unter dem Wagenboden jeweils verklebt werden. Auch die Gestaltung des Innenraumes kann dann ausfallen.


Viel Spass beim Nachmachen.
Gruß
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Altern und Supern – Eanos in pink

Beitrag von Datterich » Samstag 4. Mai 2013, 22:19

"Saubere" Arbeit! Wie lange hat das alles zusammen gedauert? Übrigens arbeitete im MiWuLa früher die "Drecksau" (das ist positiv gemeint und keine Schimpfe!), die hier im Forum verschiedene Möglichkeiten in ähnlicher Form (Pastellkreide + Klarlack) gepostet hatte, zum Beispiel hier.

Freundliche Grüße nach Rösrath
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Re: Altern und Supern – Eanos in pink

Beitrag von günni » Samstag 4. Mai 2013, 22:34

Moin,
beim MFM 2008 hatte Erhard einen Kurzlehrgang in Sachen Altern abgehalten.

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Altern und Supern

Beitrag von Datterich » Samstag 4. Mai 2013, 22:51

Ich habe noch eine Webseite von Erhard gefunden. Ist schon sehr schön!


Freundliche Grüße an alle Drecksäue
Datterich
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Re: Altern und Supern – Eanos in pink

Beitrag von HahNullMuehr » Samstag 4. Mai 2013, 23:28

Datterich hat geschrieben:"Saubere" Arbeit!
Danke für die Blumen. Die Bilder sind leider nciht so toll wie gehofft. Ich versuche es die Tage mal mit einer besseren Kamera.
Datterich hat geschrieben:Wie lange hat das alles zusammen gedauert?
Kaum zwei Stunden, davon vielleicht eine Halbe für das Altern, inkl. Trocknungszeit, würde ich im Nachhinein schätzen. Das langwierige ist die Fummelei mit dem Faden.

(Gerade mal die Bild-Daten geprüft: Erste Aufnahme: 18:26h, letzte um 20:18h)

Gruß
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Re: Altern und Supern – Eanos in pink

Beitrag von HaNull » Sonntag 5. Mai 2013, 08:54

Moin, Micha,

die Bilder sind eindrucksvoll.

Was ich nicht verstehe:
  • Warum klebst Du Holzfurnier in den Wagen, wenn später die Plane darüber gespannt wird?
  • Warum klebst Du Holzfurnier in den Wagen, wo das Vorbild doch einen Stahlboden hat? :clown:
Ein sauberer Wagen in pink hat vermutlich einen höheren WAF. Ich konnte mich noch nicht aufraffen, meine kleine, bescheidene und bunte Eanos-Sammlung schmutzig zu machen.
████████   Gruß aus NRW
████████   Thomas
████████   Multi-MISTler: 1. Siegburg (RSK) - 2. Köln rrh. - 3. Rheinbreitbach

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Re: Altern und Supern – Eanos in pink

Beitrag von HahNullMuehr » Sonntag 5. Mai 2013, 09:39

Moin, Thomas,

der Holzboden schützt natürlich den Stahlboden vor frühzeitigem Verschleiß, wenn Schrott, Gestein und/oder andere scharfkantige Sachen verladen werden.
Und, wie oben im Kleingedruckten erwähnt, könnte man ja auf die Idee kommen, die Plane dermaleinst wider abzunehmen, z. B. um den Wagen in einen Leerzug einzureihen. :D

Im Ernst, so genau hatte ich mich mit der Bauweise der Eanos nicht beschäftigt. Die Furniermethode kann natürlich auf alle offenen Güterwaggons angewendet werden, die beim Vorbild tatsächlich holzbeplankt sind. Dann lasse ich die Plane besser drauf. :?

Den WAF teste ich jetzt an meiner Tochter (13). Oder ist das dann ein DAF?
---
"Wie geil!" sagt sie. Zur Farbe. Der Schmuddel stört sie nicht. Soviel dazu.

Gruß
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Re: Altern und Supern – Eanos in pink

Beitrag von HahNullMuehr » Sonntag 5. Mai 2013, 13:19

Willkommen zur heutigen Bastelstunde.
Zwei offene Güterwaggons der Gattung Omm52 stehen bereit, der eine wurde bereits gealtert (Revell Aquacolor Acrylfarbe, mit dem Pinsel aufgetragen). Das wirkt eine Spur zu grob. Der andere ist nahezu fabrikneu.
Omm52_mit.JPG
Omm52_ohne.JPG
Die Beladung besteht aus einem passend geschnitzten Klotz Styrodur, der mit Bastelmesser, Drahtbürste und/oder Schmirgelleinen in die Haufenform gebracht wurde. Grundanstrich mit schwarzer Abtönfarbe, dann nochmal dick schwarze Farbe drauf und das Ganze in eine Schale mit Faller-Kohle drücken.
Wir benutzen heute ein paar Pastellkreiden: Englischrot, dunkelviolett, gebrannte Umbra, also alles was irgendwie ins rostfarbene spielt. Dazu ein Stück Zeichenkohle, ein Rötelstift liegt bereit, ist aber nicht unbedingt notwendig. Und ein Restchen hellgrauer Pastellkreide. Davon später mehr.
Als Pinsel heute den Stups-Pinsel (rund gefasster, harter Borstenpinsel) und einen Glasfaser-Radierstift. Ein alter Büchsendeckel leistet als Auffangwanne für den benötigten Kreideabrieb gute Dienste.
Pinsel_Kreiden.JPG
Der blanke Omm wird jetzt mit dem Glasfaser-Stift bearbeitet, was die Oberfläche ganz zart verschrammt und abstumpft und viel aufnahmefähiger für kommende Pülverchen macht.
Dann Rostpulver in die Fugen reiben, das Tragwerk und die Feder-Pakete nicht vergessen.
Fixativ drauf und die Radlager nochmals nachpudern.
Die Anschriften waren bei diesem Modell erhaben auf der Bordwand, jedoch ungefärbt. Solange das Fixativ noch feucht ist ganz zart mit der hellgrauen Kreide darüberstreichen, schon sind die Texte wieder gut lesbar. Auch die Scharniere, Hebel, Griffstangen bekommen so ihre Highlights.
Omm_staub_Schrift.JPG
Bei dem vorgeschmutzten Modell gehen wir den anderen Weg: Mit dem Glasfaser-Stift wird ein Teil der Schmutzränder wieder abradiert, die Oberfläche wird auch hier schön stumpf-matt.
Tragwerk und Federung aufrauhen, Fixativ, nachpudern. Dieses Exemplar wirkt jetzt regelrecht verblichen.
Omm_gedämpft.JPG
Als Abschluss noch zwei Aufnahmen von dem gestern besudelten Eanos, die hoffentlich etwas besser rüber kommen als die mit dem Handy gemachten Aufnahmen.
Eanos_Seite.JPG
Eanos_Drehgestell1.JPG
Gruß
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Re: Altern und Supern – Eanos in pink

Beitrag von domreuter » Donnerstag 16. Mai 2013, 15:06

[quote="DatterichÜbrigens arbeitete im MiWuLa früher die "Drecksau"[/quote]

Staatlich geprüfte Drecksau bitte, nur mit diesem Zusatz hatte Erhard seinerzeit die Drecksau abgesegnet ;-)

Grüße

Dominik
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