Der schnelle Gully für zwischendurch

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HahNullMuehr
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Der schnelle Gully für zwischendurch

Beitrag von HahNullMuehr » Montag 20. Februar 2017, 21:55

Moinsen.

Zurzeit bastele ich gerade an einem Diorama, auf dem, unter anderem, eine Straße vorkommt. Und einfach so ein graues Band, das geht ja gar nicht.

Zum Glück ist mir an einer Stelle die Fräse abgerutscht, so dass die Fahrbahn einige Macken abgekriegt hat. Diese wurden recht schlampig verspachtelt und nach dem Trocknen farblich betont (Staubfarbe dunkel). Fertig sind ein paar prächtige Schlaglöcher.
LE_Schlagloch.jpg
Und da gibt es noch mehr Dinge zwischen Himmel und Asphalt, als Eure Schulweisheit sich träumen lässt. So gehören Gullys und Mannloch-Deckel auf den Kanalschächten zum Alltagsbild.

Schaue ich im Zubehörhandel, dann kommt so ein Deckelchen (Messing-Ätzteil) auf runde 50 Cent. Und das Loch, in dem er stecken soll ist noch nicht einmal dabei, geschweige denn die passende Farbe.

Also sinnen wir auf Abhilfe.
Bei uns in der Straße ist der Mannloch-Deckel von etwa 85 cm Ø. (in H0 knapp 10 mm) und der Gully am Bordstein misst 54 * 54 cm (also um die 6 mm Kantenlänge in H0). Ob des relativ filigranen Musters der Rund-Deckel verschiebe ich diese auf später und widem mich zunächst dem Rechteckigen.

Aus der Kramkiste fische ich ein Stück Rundmessing von 8 mm Ø. Das kommt aus einem 400-V-Stecker, der ausgeschlachtet wurde. Aus dem Rund kann man so eben einen Vierkant von 6x6 schleifen oder feilen.
Stempel_roh.jpg
Jetzt noch in die Fläche einige Rillen fräsen, so dass vier oder fünf Stege stehen bleiben. (Wer es draufhat, kann die Rillen auch mit der Säge ziehen, aber auf dem kleinen Kreuztisch krieg ich es genauer und, vor allem, gerader hin.)

Schon fertig. Mit diesem "Stempel" lässt sich z. B. Tischlerplatte, Styrodur oder Hart-Karton prägen. Ich empfehle, die Fläche von 6x6 mm vorher mattschwarz einzufärben, so dass die Farbe mit in den Grund gedrückt wird. Danach den Rand und die "Stäbe" mit Rostbraun überwischen. Dazu den fast farbleeren Pinsel nehmen, um die "Tiefe" nicht wieder braun zu färben.
Gully01.jpg
Probestück aus schwarz beschichtetem Architekten-Karton. Der glänzt leider etwas.
Gully02.jpg
Die rauhe Struktur der Straße erziele ich mit einem harten, kurzen Borstenpinsel ("Stups-Pinsel"), den ich in die noch feuchte Farbe stupse.
Fazit: Ein halbes Stündchen Bastelarbeit, und man kann den Gully millionenfach reproduzieren, bei hartem Untergrund quasi Schlag auf Schlag.

Gruß
Micha W. Muehr, Rösrath
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Ich mach es lieber am Anfang exakt - und schluder später ein bisschen. Wenn ich schlampig anfange, krieg ich es am Ende nicht wieder genau.

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writeln
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Re: Der schnelle Gully für zwischendurch

Beitrag von writeln » Montag 20. Februar 2017, 22:36

Moin Micha,

das ist eine hübsche Lösung.
Mit der Stempel-Massenproduktion spart die Stadtentwässerung ordentlich Preiser-Dollars.

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Datterich
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Der schnelle Gully für zwischendurch

Beitrag von Datterich » Dienstag 21. Februar 2017, 09:05

Kleines schnelles Werkzeug - großartige Lösung! Das "Stempeln" ist eine häufiger genutzte Möglichkeit, sich wiederholende flachere Motive zu erstellen. Beispielsweise mit einer umgedrehten Kugelschreibermine aus Messingrohr ein altes Straßenpflaster usw.

Übrigens gibt es hier im Forum einen wunderbaren Thread mit herrlichen Fotos von Simon aus Tarp von Mai 2012 zum Thema alter Beton / Asphalt und verschiedene Schacht- und Gullideckel. Unbedingt sehenswert, da hervorragende Vorlage!

Freundliche Grüße aus Darmstadt
Datterich
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Hier trifft man manchmal Leute, die gar keinen Zug vertragen ...

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Re: Der schnelle Gully für zwischendurch

Beitrag von HahNullMuehr » Dienstag 21. Februar 2017, 11:17

Moin zusammen.

Als Ergänzung denke ich mir noch folgendes:
Eine kleine Schablone, die ein klein wenig größer ist als das Netto-Rillenmuster.
Durch diese wird zunächst schwarz an den Straßenrand gemalt.
Wenn trocken, wird der Gully geprägt, danach mit der gleichen Schablone der Rostton aufgewischt.
Das muss aber noch erprobt werden.

Gruß
Micha W. Muehr, Rösrath
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Re: Der schnelle Gully für zwischendurch

Beitrag von HahNullMuehr » Donnerstag 23. Februar 2017, 14:34

Ein weiterer Abend im Bastelkeller,
ein weiteres Ergebnis.

Zunächst musste die Standbohrmaschine zweckentfremdet werden. Als Drehbank-Ersatz wurde sie in den Schraubstock der Hobelbank horizontal eingespannt, da ich sonst keine Maschine mit ausreichend großem Spannfutter habe.
Deckel_01_Drehbank.jpg
Auf einem unter den Bohrtisch gespannten Brettchen hat der Stichel eine gute Auflage.
Im Nu sind drei exakte Rillen in die Stirnseite des Messingstabes (ex Kraftstrom-Steckerzapfen) gedreht.
Deckel_02_fertig.jpg
Jetzt spannen wir das Werkstück senkrecht auf einen Teilapparat (für gradgenaue Drehung um die Hochachse), der unter dem Fräsständer auf dem Kreuztisch (für hundertstel-Millimeter-genaue rechts-links-vor-zurück-Bewegungen) montiert ist.
In der MicroMot-Maschine steckt ein Zahnarztfräser von etwa 0,5 mm Ø.
Deckel_03_Fräsen.jpg
Mit dem richtig eingestellten Tiefenanschlag und der Vorwärts-Rückwärts-Bewegung, immer abwechselnd mit einer 30°-Drehung lassen sich nun sehr feine radiale Nuten fräsen.
Das sieht dann so aus:
Deckel_04_fertig.jpg
Die Fläche in der Mitte eines Schachtdeckels ist bei uns in der Gegend meistens mit Beton, auch mit eingebettetem Kies gedeckt. Das imitieren wir mit ein paar gezielten Körnerschlägen. Fertig zum Test auf einem Reststück schwarzen Kartons.
Deckel_05_Test.jpg
Es empfiehlt sich, dieses Werzeug mit einem einzigen Hammerschlag in den Grund zu treiben!
Links ein Versuch mit zwei Schlägen. Durch den ersten Schlag entsteht eine Art Rückprall, der zweite Schlag ist dann leicht versetzt zum ersten und macht das Bild "unscharf".
Nachbehandlung mit Straßen- und Rostfarbe. Im Hintergrund die Fertig-Deckel, die in dieser Form von Faller angeboten werden. M. E. sind diese etwas zu groß, umgerechnet wären die Mannlochdeckel etwa von, 95 cm Ø (in unserer Straße nur 85 cm), bzw. die Gullis 65 x 65 cm (bei uns nur 55 x 55 cm).
Deckel_06_Farbe.jpg
Weiter oben hatte ich die Idee einer Schablone angesprochen. Hier ist sie, gefertigt aus einem Seitenteil einer Verkaufsverpackung. Das klare Material erleichert das passgenaue Anlegen auf der Anlage. Der Winkel (linker Rand) bildet den Anschlag an der Bordsteinkante für Gullis. Die Aussparungen sind jeweils 1 mm größer als die Stempel, so das ein Farbrand von ringsum 0,5 mm entsteht.
Deckel_07_Schbalone.jpg
Nächster Test: auf einem Diorama (in Bau) wird mit der Schbalone ein schwarzer Punkt aufgetupft. Trocknen lassen. Das ist der längste Teil der Arbeit.
Deckel_08_Punkt.jpg
Leicht verwackelt. Sorry.
Das neugestaltete Werkzeug wurde mittels des noch vorhandenen Klemmengewindes auf einen stabilen Schraubendreher gesetzt. So auch an beengten Stellen anwendbar. Ein Schlag mit dem Hammer und...
Deckel_09_Prägung.jpg
sauber ist die schwarze Farbe in den Grund gedrückt worden.
Jetzt noch mal mit der Schablone etwas Rostton drüberwischen.
Deckel_10_Farbe.jpg
Fertig.

Ein Parallelversuch verlief nicht so zufriedenstellend:
Mittels einer Lötlampe wurde der Stempel erhitzt, um dann das Muster des Mannlochdeckels in den Untergrund (Tischlerplatte) zu brennen. Bei bereits gestrichenen Fahrbahnen löst sich dabei aber etwas Farbe und setzt den Stempel zu. das vermindert auch den gewünschten Schwärzungs-Effekt.

Gruß
Micha W. Muehr, Rösrath
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