Ich stehe im Keller und säge gerade ein Reparaturstück für eine kaputte Kommode zurecht.
Auftritt mein Sohn, 8 Jahre (bisher 1 H0-Startpackung von Märklin).
„Papi, haben wir Holz?“ – „Jede Menge,“ sage ich und weise auf eine Stoß Kiefernleimholz, der in einem früheren Leben mal Bücherregal war, „was hast Du denn vor?“ – „Ich hab mir überlegt, wie ich die Zeit sinnvoll nutzen kann,“ erklärt der 8jährige, „und dachte, ich möchte einen Lokschuppen bauen.“ – „Soso.“ Blitzartig scrollen Dutzende von Forumsbeiträgen vor meinem inneren Auge durch; die meisten hatten „HILFE…“ in der Überschrift.
„Tja, Sohnemann, mit Holz allein kommen wir nicht weiter. Wie soll Dein Schuppen den aussehen. Soll der für Deine Märklin-Bahn sein?“ – „Ja!“ – „Und was hast Du Dir überlegt? Es gibt rechteckige Schuppen, für eine oder zwei Loks, runde Schuppen für 3 oder 6 oder sogar 24 Loks…“ – „Ein eckiger Schuppen, für 5 Loks.“ – „Sowas gibt’s doch nicht. Da brauchst Du ja SOOO eine Weichenstraße (ich deute mit den Händen etwa 1,5 Meter an), um in alle Tore reinzukommen. Das baute man im Original als Ringlokschuppen, mit einer Drehscheibe.“
Das Bild vor dem inneren Auge blendet über in Kataloge von Zubehör und Preislisten. „Und außerdem, zuerst brauchen wir einen Plan. Ohne Plan geht gar nichts, das gibt nur Murks. Wenn wir jetzt einen Schuppen bauen wollen, dann müssen wir irgendwo ein Vorbild haben, danach Pläne zeichnen…“
(Ich kürze mal ab, die Schwierigkeiten einer Eigenkonstruktion konnte ich dem Jungen begreiflich machen, und das Argument, dass wir dann zwei Wochenenden alleine für die Pläne brauchen würden, hat er auch akzeptiert.
„Aber warte mal, ich hab da irgendwo noch was.“ Sprach der Vater und verschwand in den Tiefen seines Bastelraumes. Als ich wieder rauskam, hatte ich den Bausatz „Lokschuppen“ in der Hand.
(aus einer Sammelpackung vom Lebensmitteldiscounter, nach Original Faller-Formen unter dem Handelsnamen „Plastoy“ erhältlich, sieht dem Faller-Bausatz 222141 recht ähnlich, jedoch aus Hochglanz-Kunststoff (Der Name PLASTOY ist Programm!

„Breite mal ein paar Lagen Zeitung auf dem Tisch aus, ich hol noch was…“
Und Minuten später konnten wir die Spritzlinge auf dem Tisch ausbreiten und einen Bauplan studieren, der praktischerweise dabei war.
„So, da hätten wir doch alles beisammen, für Deine Rangierlok ist der allemal groß genug, da passt sogar eine ausgewachsenen Schlepptenderlok rein.“ Junior strahlt und ist schon ganz gespannt. Es folgt eine kurze Einführung in die Details; insbesondere sind wir uns einig, dass der Plastikglanz nicht so doll aussieht, und die Schuppenfront soll wohl Holz darstellen, ist aber am selben Spritzlingsbaum wie die Ziegelmauer. Das geht ja gar nicht!
Also flugs einen Becher weiße Wandfarbe (sozusagen die Basis), ein paar leere Plastikbecher, Pinsel und ein Sortiment Acryl-Modellbaufarbe, sowie die „Geheimwaffe“: Ein Fläschchen Airbrush-Farbe "Sepia-Braun".
Noch ein oller Lappen dazu und ein Stück Stahldraht zum Aufrühren, und schon war eine Alterung im Gange, dass es seine Pracht hatte. (Das mit den Zeitungen war die beste Idee.)
Mit Inbrunst streicht Sohni die Ziegelmauern mit verdünntem Schmutzigweiß, um sie sofort wieder abzuwischen. Die Mauer wird schön matt, und die Fugen kommen gut zur Geltung.
So ging der Samstagnachmittag dahin, am Ende konnte der Junge schon eigenhändig das Schindeldach mit Weiß übergranieren. Aber mehr als ein paar Fensterrahmen einkleben haben wir vor dem Abendessen dann nicht geschafft.
Doch wofür haben wir den Sonntag. Warmes Wetter, Sonne, auf der Terrasse stört der Kleberduft auch nicht die Mami, und so haben wir den „angegammelten“ Bausatz dann zusammen zusammen geklebt.
Ich werde noch Bilder von dem Schuppen liefern, aber an dem sonnigen Sonntag hat Junior das Gebäude direkt zur Oma geschleppt, um es vorzuzeigen, und jetzt schläft er schon und hat es auf seiner Nachtkommmode stehen.
Abgesehen von dem Spaß, den wir beim Basteln, beim gemeinsamen Basteln! hatten, freut es mich ungemein, dass der Kleine offenbar auch Freude an den Feinheiten des Hobbys hat und erfährt, dass das alles keine Hexerei ist, wenn man nur besonnen und entspannt an die Sache rangeht.
Grüße sendet