Hmmm - das sind eigentlich alles Fakten, die wir hier zum größten Teil auch seit einigen Jahren diskutieren und als Versagen erkannt haben und wohl auch noch eine ganze Weile diskutieren werden.Das Desaster der Deutschen Bahn ist kein Versehen. Es gibt Täter. Sie sitzen in der Bundesregierung, im Bundestag. Und seit Jahren im Tower der Deutschen Bahn. Arno Luik, langjähriger Stern-Autor und einer der profiliertesten Bahn-Kenner hierzulande, zeigt in seinem Buch „Schaden in der Oberleitung“ das komplette Desaster detailliert auf. Über 10 Milliarden jährlich pumpen wir Steuerzahler in die Deutsche Bahn – dafür ist sie dann in 140 Ländern der Welt im Big Business tätig. Aber hierzulande ist die Bahn eine echte Zumutung: Die Züge fahren immer unpünktlicher, oft fahren sie gar nicht und manchmal sind sie ein Risiko für unser Leben.
Bestimmt ein lesenswerter Stoff - ich bin gespannt, ob und wie darauf reagiert werden wird.Laut Grundgesetz ist die Bahn ein besonderer Betrieb – sie hat einen klaren, einen grundgesetzlich vorgeschriebenen Auftrag: den Bürger mit einem günstigen Transportmittel zu versorgen. Jeden Bürger, egal wo. Die Bahn soll agieren „zum Wohl der Allgemeinheit“, so steht es im Paragraf 87 des Grundgesetzes. Und sie soll – auch aus ökologischen Gründen dafür sorgen, dass mehr Personen- und vor allem auch mehr Güterverkehr auf die Schienen kommt und runter von der Straße. So sagen es die Politiker seit sehr vielen Jahren, seit Jahrzehnten.
Beides funktioniert nicht. Bei beidem versagt die Bahn. Es ist absurd, konstatierte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, „wenn ein Konzern, der zu 100 Prozent im Staatsbesitz ist, sich nicht um die Gesetze des Staates kümmert“. Die Deutsche Bahn hat sich verselbstständigt. Sie ist – auch unter tätiger Mithilfe vieler Politiker – zu einem Staat im Staate geworden. Die Bahn macht, was sie will.
Nein, übrigens: Das ist keine Polemik.
Es stellen sich sehr viele Fragen: Wie konnte es passieren, dass dieser Staatskonzern dermaßen aus dem Ruder läuft? Der jährlich weit über zehn Milliarden Euro an Steuergeldern bekommt – aber seinen Bürgern, den tatsächlichen Besitzern dieser Bahn, immer weniger bietet, schlimmer noch: sogar rücksichtslos ihnen gegenüber ist? Der aus Kostengründen an Bahnschranken spart – und so Tote in Kauf nimmt. Der aus Kostengründen auf Bahnsteigen Durchsagen einspart – und so Tote in Kauf nimmt.
Der, wie der Bundesrechnungshof im Januar 2019 ungewöhnlich scharf kritisierte, keines, aber auch wirklich keines der Ziele verwirklicht hat, die mit der Bahnreform 1993/94 (also mit der Abschaffung der Deutschen Bundesbahn) verwirklicht werden sollten: etwa Ausbau und Erhalt des Schienennetzes, um mehr Personen- und Güterverkehr auf die Schiene zu bringen, finanzielle Konsolidierung.
Der stattdessen in über 140 Ländern agiert, einfach so, keine Regierung hat ihn dazu beauftragt, aber dieser imperiale Größenwahn bringt den Bürgern hierzulande nichts – außer Zerfall und Ärger. Der ökonomisch so mies wirtschaftet, dass er, um den Verkehr irgendwie noch aufrechtzuerhalten, ständig nach mehr staatlichen Mitteln ruft. Und sie auch bekommt – ohne an der desaströsen Strategie etwas ändern zu müssen, die dazu geführt hat, dass der Konzern heute mit über 20 Milliarden Euro verschuldet ist. Im Grunde pleite ist.
Der aber seinen Chefs, Vorständen (und Aufsichtsräten) hohe Millionengehälter bezahlt, obwohl die seit Jahrzehnten unverantwortlich handeln und gegen das Aktienrecht verstoßen – eigentlich ein Fall für Gerichte.
Stattdessen darf dieser Konzern weiterhin – ungerührt und bisher ungestraft – Milliarden Euro in so gigantische wie unnötige Großprojekte verschleudern, etwa in Stuttgart 21, in Münchens zweite Stammstrecke, in Hamburg-Diebsteich – alles unfassbar teure Megaprojekte, die den Verkehr behindern und die Reisenden ärgern werden, aber nur die Beton-, Stahlindustrie- und die Tunnelbohrmaschinenunternehmen erfreuen.
Ein Staatskonzern, der so unverdrossen wie frech das politisch-offizielle Mantra des Staats konsequent konterkariert, nach dem mehr Verkehr auf die Schiene soll – der seit Jahrzehnten Schienen rausreißt, Weichen abbaut, Bahnhöfe stilllegt, die Infrastruktur sträflich verkommen lässt, der, so muss man es leider sagen, im Autoland Deutschland sich offenkundig sehr anstrengt, den Bahnverkehr zu behindern, nein, ihn auf Dauer zu zerstören.
Ist das in diesem Autoland ein Zufall? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht?
Nachdenkliche Grüße an alle Steuerzahler
Datterich