Ok: Hier mal der Link:
http://www.miba.de/miba/04/06/3.htm
und hier der Original Text:
Meine frühesten Erfahrungen mit Straßenbahnen sammelte ich als Dritt- und Viertklässler: Ich fuhr in diesem zarten Alter zwei Jahre lang jeden Morgen zwanzig Minuten mit der Linie 8 zur Grundschule nach Weitmar. Damals schon technikbegeistert stellte ich mich stets hinter die linke Schulter der Straßenbahnfahrer. Unter diesen gab es durchaus verschiedene Charaktere: Die seelisch weniger ausgeglichenen fühlten sich unter meiner strengen Beobachtung eher unwohl, während die Lehrertypen mich geduldig ertrugen und fachkundig meine Fragen beantworteten.
Solchermaßen „ausgebildet“ war mir auch die Funktion der Schaltweichen bekannt: Befuhr die Bahn einen in der Oberleitung installierten Kontakt mit einer Fahrstufe, schaltete die folgende Weiche auf geradeaus, befuhr man diesen Kontakt im Leerlauf oder bremsend, schaltete die Weiche auf Abzweig. Eine simple Methode, die lediglich etwas Aufmerksamkeit durch den Fahrer erfordert ...
„Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen“ verkündete ein obligatorisches Schild im Führerstand - eine Anweisung an die Fahrgäste, die nicht nur im Hinblick auf das Weichenstellen Sinn machte. Doch wer vor seinem inneren Auge jetzt bereits Klein-MK als Urheber eines umfangreichen Haftpflichtfalles sieht: weit gefehlt! Denn die Bediensteten hätten besser selbst diese Aufforderung beachtet.
An jenem denkwürdigen Tag also hatte ein Kontrolleur die Bahn bestiegen und sich, nach Erfüllung seiner eigentlichen Tätigkeit, zum Fahrer gesellt. Die beiden Herren unterhielten sich angeregt, was ganz offensichtlich die Aufmerksamkeit des Fahrers verringerte. Denn dieser hatte am Anfang der Haltestelle Südring den Fahrstufenhebel unbemerkt in der falschen Stellung und prompt fiel die Weiche - klack! - auf Abzweig, obwohl doch die Linie 8 geradeaus zu fahren hatte!
Nun muss man wissen, dass der Abzweig unmittelbar hinter der Haltestelleninsel lag, weshalb die Sache mit der Fahrstufe Null fürs Abbiegen nur funktionierte, weil Schaltkontakt und Weichenzungen bereits am Beginn dieser Haltestelleninsel lagen. Als technische Besonderheit faszinierte mich damals schon das auf ganzer Länge verlegte Vier-Schienen-Gleis. Und genau hier stand nun ausgerechnet meine Bahn auf den falschen Schienen!
So mancher kann es sich heute nicht mehr vorstellen, aber damals war ich ein wohlerzogenes Kind, das Erwachsene, die sich unterhalten, nicht einfach unterbricht - zumal der Fahrer diesmal zu der weniger ausgeglichenen Sorte zählte. Ich wartete also, bis der Kontrolleur ausgestiegen war. Erst jetzt - meine Bahn war inzwischen bis zur Ampel vorgerückt - sagte ich zum Fahrer: „Sie stehen auf dem falschen Gleis.“ - „Du willst mich wohl auf den Arm nehmen, Kleiner?“ Die pure Ungläubigkeit im Blick des Fahrers wich blankem Entsetzen, als er sich schließlich selbst von der Wahrhaftigkeit meiner Aussage überzeugt hatte.
Nun war guter Rat teuer, denn alle nachgerückten Straßenbahnzüge mussten ebenfalls zurücksetzen, lediglich die Busse konnten unter dem Gefeixe ihrer Lenker den Havaristen umrunden. Das Manöver brauchte geraume Zeit, gelang aber immerhin im zweiten Anlauf. Nach 20 Minuten Verspätung erreichte ich meine Klasse, hatte aber mit der Entschuldigung „Die Straßenbahn hat sich verfahren“ schon wieder ein Glaubwürdigkeitsproblem ...
Straßenbahnen sind also gar nicht so unspannend, wie viele Eisenbahnfreunde vielleicht glauben. Grund genug für unseren heutigen Schwerpunkt - meint Ihr
Martin Knaden
Soweit ich informiert bin gibt/gab es ein ähnliches System in Nürnberg, nur das eben über Relais im Boden geschaltet wurde.
Gruß Michael