Die Hauptstadt im Miniaturformat
AUSSTELLUNG Zwei Brüder aus Oldenburg betreiben weltgrößte digitalgesteuerte PHS-Modellbahnanlage in Berlin
Haben sich einen Jugendtraum erfüllt: Die Brüder Stefan (li.) und Henrik Göddeke (Bild unten li.). – Die Anlage zeigt als Schwerpunkt-Thema Berliner Elemente: den Reichstag (oben) und das Brandenburger Tor (unten rechts) BILDER: DPA (1)/LOXX (2)
Anlage-Daten und Öffnungszeiten
Mitten in der Berliner City – unweit vom Kranzlereck – steht an der Meinekestraße 24 die weltgrößte digitalgesteuerte PHS-Modelleisenbahn im Maßstab H0 (1:87).
PHS bedeutet Poly-Hybrid-Steuerung. Aufgrund der Größe der Anlage wurde ein neues System zur dezentralen Steuerung entwickelt. Es existiert, laut Betreiber, keine andere Modellbahnanlage, die über eine annähernd große zusammenhängende und befahrbare Fläche verfügt. Andere größere Anlagen haben ihre Flächen in mehrere kleinere Bereiche unterteilt, in denen jeweils isoliert der Zugverkehr geregelt wird, ohne dass die Züge von dem einem in einen anderen Bereich fahren können.
Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Eintrittspreise: Kinder bis 8 Jahre frei, Kinder zwischen 9 und 14 Jahre 4 Euro, Besucher ab 15 Jahre 7,50 Euro
Mehr Infos unter
www.loxx-berlin.com
Als Kinder bauten sie im elterlichen Haus in Oldenburg den Dachboden zum Modellbahn-Parcours aus. Heute denken Henrik und Stefan Göddeke in größeren Dimensionen.
von Christina Wandt
Berlin – In Berlin haben die Göddeke-Brüder eine rekordverdächtige Bahnanlage gebaut: Loxx-Miniaturwelten heißt ihr Projekt, bei dem in Wahrheit nichts mini ist. 30 Rechner steuern den Verkehr, 70 Monitore stehen in der Schaltzentrale, 80 Kameras überwachen Strecke und Technik. Bisher erstreckt sich die Anlage über 600 Quadratmeter, wenn sie ausgebaut ist, sollen es 900 sein. Dann wird sie, so sagen die Brüder, „die weltgrößte digitalgesteuerte PHS-Modelleisenbahn sein“ (siehe Info-Kasten).
Schon jetzt kann man auf der unweit des Ku-Damms gelegenen Anlage eine verdichtete Version von Berlin bestaunen: Sehenswürdigkeiten wie das Rote Rathaus, der Fernsehturm, der Reichstag, das Brandenburger Tor und der Zoo sind korrekt zueinander angeordnet, nur die Distanzen wurden nicht maßstabsgerecht umgesetzt, sondern verkürzt.
Fast schon zu genau wurden die Eigenschaften der Berliner Stadtbahn übernommen: Da finden sich nicht nur die Fern- und S-Bahnhöfe von Zoo bis Ostbahnhof, da ist die Strecke auch durchgehend vierspurig ohne Umfahrung. „Wir haben folglich die gleichen Nachteile wie die Deutsche Bahn: Bleibt ein Zug liegen, entsteht Stau“, sagt Henrik Göddeke. Freilich haben sie auch unschätzbare Vorteile: „Wir können eine Lok mit der Hand vom Gleis heben.“
Geht es nach Henrik Göddeke, soll Loxx nicht nur die kleinere Version von Berlin sein, sondern die bessere: So will er vor dem Reichstag Fußballer platzieren, während Bolzen auf der echten Reichstagswiese untersagt ist. Überdies – auch das ist im wirklichen Leben nicht mehr möglich – sollen bald Autos durchs Brandenburger Tor fahren.
Freilich befindet sich das Car-System noch in einer Testphase. Vom Computer gesteuert gleiten eine Hand voll Fahrzeuge über die Straßen, unter denen sich Magnetstreifen verbergen – und ein bis zweimal täglich kollidieren sie. Das ist zwar im Vergleich mit Berlins Unfall-Statistik ein Klacks, aber weit entfernt von Henrik Göddekes Traum: „Ich möchte morgens auf den Knopf drücken, und dann sollen sich 200 Fahrzeuge reibungslos bewegen.“
Schon jetzt ist der technische Aufwand enorm: 20 Techniker kontrollieren und warten die Anlage, allein vier von ihnen sind mit der Reparatur defekter Züge befasst. Trotzdem macht Göddeke schon weitere Pläne: So will er noch mehr Bauwerke illuminieren, weil es demnächst auch Nacht werden soll. Alle 20 Minuten wird eine künstliche Dämmerung einsetzen, dann wird es für drei Minuten dunkel. Wenn das Car-System richtig läuft, will er Staatsbesuche mit großen Wagenkolonnen nachspielen; und am Flughafen werden bald Starts und Landungen simuliert. Auch das Mauerreststück am Ost-Bahnhof wird noch aufgebaut. Und statt der jetzt 100 sollen zum Jahresende 400 S-Bahnen, Regionalzüge und ICE unterwegs sein.
Wenn Henrik Göddeke (37) von seinen Plänen schwärmt, klingt noch das begeisterte Kind heraus, dabei sind er und sein Bruder Stefan (33) nicht nur längst erwachsen, sie haben auch etwas Anständiges gelernt: Beide arbeiten als Rechtsanwälte in Berlin.
Darum hielt es Vater Manfred Göddeke zunächst für „eine Schnapsidee“ als sie im vergangenen Jahr ihren Plan entwickelten. Inzwischen hat er seine Meinung geändert, und die Mehrheit der Verwandten auch: Sie gründeten eine Familiengesellschaft, so dass für die Anlage „kein Cent an Bankmitteln“ benötigt wurde.
Siebeneinhalb Monate mussten sich die Göddekes gedulden, bis die Anlage stand. Bis schwarze Zahlen geschrieben werden, wird es wohl noch etwas länger dauern. Mit dem Zuspruch sind sie sehr zufrieden, und auch die stolzen Gesellschafter reisen regelmäßig aus Oldenburg an.
Schon bald
sollen Autos durchs
Brandenburger Tor fahren